Die italienische Pädagogin Maria Montessori ging in ihrer Methode niemals davon aus, was die Erwachsenenwelt von einem Kind erwartet, sondern vom Kind. Das Kind steht bei ihr im Mittelpunkt, und wenn ihre Pädagogik Selbstständigkeit bei den Kindern entwickelt, dann ist es, weil sie die Kinder ernst nimmt.
Beobachten, bewundern und bei Bedarf eingreifen
Der Kern der Arbeit von Montessori ist die Beobachtung der Kinder.
Was tun sie? Wie tun sie es? Was beschäftigt sie?
Wenn sie Montessori Kleinkinder beobachtete, stellte sie fest: Die Kinder arbeiten an sich selbst, bilden sich selbstständig fort. Dabei kommen zwar Impulse von außen, aber woran ein Kind gerade arbeitet, das hängt ganz stark von dem ab, was es bereits kann und welche neuen Fähigkeiten Körper und Geist aufgrund der aktuellen Entwicklungsstufe bereitstellen.
Und das ist bei jedem Kind anders, denn Kinder sind Individuen. Daher ist die Beobachtung der Kinder wichtiger als Zeitpläne, Lehrpläne und von Pädagogen kommende Anregungen. In die Selbstfindung und –erfahrung der Kinder wird nur eingegriffen, wenn Gefahr besteht oder die Kinder es ausdrücklich wünschen. Es gibt also durchaus Hilfestellung. Dennoch erzeugt die Pädagogik Selbstständigkeit im hohen Maß.
Video: Was bedeutet Montessori?
Die Kinder sind Lehrmeister
Maria Montessori arbeitete immer sehr eng mit Kindern zusammen, sie entwickelte ihre Ideen und Grundsätze nicht am Schreibtisch. Sehr früh beschäftigte sie sich mit geistig beeinträchtigten Kindern, die zu ihrer Lebenszeit noch von normal entwickelten Kindern getrennt betreut wurden.
Später kümmerte sie sich in den Elendsvierteln der Städte um Straßenkinder, und da betreute Montessori Kleinkinder, die lernen wollten und konnten und das von sich aus taten. Sie beobachtete die Kinder genau und führte Buch über ihre Beobachtungen, immer geführt von dem Wunsch, die Kinder zu verstehen und ihre Entwicklung, ihren enormen Drang zur Selbstständigkeit und ihre natürliche Neugier zu ergründen. Sie sah, dass Kinder selbst die besten Lehrmeister sind und instinktiv wissen, was sie wann und wie bewältigen können – sie bilden sich selbst fort, wenn man sie lässt, und zwar aus den Erfordernissen des Alltags heraus.
Vier Phasen in der frühkindlichen Entwicklung
Maria Montessori teilt die Entwicklung der Kinder in vier Phasen von jeweils sechs Jahren ein. Der Mensch ist also erst mit 24 Jahren wirklich „fertig“ entwickelt.
Die erste Phase reicht bis zum sechsten Geburtstag, in dieser Zeit entwickeln Kinder ihren Körper, ihren Geist und ihren Charakter, sie legen die Grundsteine, um ihre Persönlichkeit auszubilden. Diese wichtige Phase ist zweigeteilt: Während der ersten drei Lebensjahre findet die Entwicklung noch unbewusst statt. Kinder absorbieren in diesen drei ersten Lebensjahren ihre Umwelt, erschließen sich Stück für Stück die Welt. Es ist wichtig, dass sie das in ihrem eigenen Tempo und in einem geschützten Raum tun können, die Welt also nicht auf einmal auf sie einstürzt.

Was nach der Geburt in einem sehr engen Raum (bei der Mutter) beginnt, geht im eigenen Wohnraum weiter und wird erst später auf das Haus, die Straße, den Stadtteil ausgeweitet. Das Kind lernt sich selbst dabei kennen. Mit dem dritten Geburtstag ändert sich das: Das Kind agiert nun aktiv, bildet sich bewusster weiter und entwickelt sich, indem es sich an der Umwelt reibt.
Aus dem Alltag heraus den Alltag erlernen
Montessori Kleinkinder entwickeln sich ohne besondere Herausforderungen im Alltag. Sie werden selbstständig und lernen, für sich und die Familie zu sorgen, indem sie Kleinigkeiten selbst erledigen dürfen: Sich alleine anziehen, sich mit Essen und Trinken selbst bedienen und Essen selbst zerschneiden mag banal sein, trainiert aber die Motorik und gibt den Kindern das Bewusstsein, selbst etwas tun zu können und zu dürfen. Das stärkt und bildet, und in diesem Sinne erzeugt die Pädagogik Selbstständigkeit in einem hohen Maß. Besonders für Alleinerziehende kann dies besonders profitabel sein.
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