Distanzlosigkeit bei Kindern – Was Sie als Eltern tun können

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Distanzlosigkeit bei Kindern ist mittlerweile ein häufig auftretendes Phänomen. Wird hier nicht rechtzeitig therapeutisch eingegriffen, reichen die Spätfolgen bis ins Erwachsenenalter hinein. Doch was sind die Gründe für diese Verhaltensauffälligkeit?

Wenn Kinder taktlos sind

Kinder, die sehr anhänglich sind und scheinbar überhaupt keine Hemmungen kennen, sich selbst Fremden auf den Schoss zu setzen, sie knuddeln und küssen, wirken auf die meisten zunächst amüsant. Sobald sich aber herausstellt, dass diese Distanzlosigkeit bei Kindern nicht einer spontanen Laune entspringt, sondern zu einem festen Verhaltensprogramm gehört, wechseln sich Irritation und Besorgnis bei den Erwachsenen im Umfeld ab.

Das Kind auf sein übertrieben anhängliches Verhalten hinweisen trägt ebenso wenig Früchte wie eine scharfe Zurechtweisung. Denn das Kind ist offenbar nicht in der Lage zu erkennen, wann seine Kontaktsuche gewünscht ist und wann es anderen ihren Freiraum lassen soll. Oft wird trotz expliziter Zurückweisung versucht, Nähe zu erzwingen. Verwundern tun auch Respektlosigkeit und Übergriffigkeit, die charakteristisch für Distanzlosigkeit bei Kindern sind. Bei Erwachsenen würde man dieses Verhalten als taktlos bezeichnen.

Distanzlosigkeit ist ein Schrei nach Aufmerksamkeit

Rebellion und das Austesten von Grenzen sind Phasen, die jedes Kind durchmacht. Doch wenn distanzloses Verhalten bei Kindern zum Dauerzustand wird, muss nach den Ursachen geforscht werden. Das übergriffige Verhalten ist nichts anderes als ein Schrei nach Aufmerksamkeit. Distanzlosigkeit bei Kindern ist meist das Resultat emotionaler Vernachlässigung. Für eine gesunde kindliche Entwicklung ist es unabdingbar, dass der Nachwuchs elterliche Sorge erfährt. Viele Eltern konzentrieren sich jedoch auf die materielle Ebene und vergessen, dass ein Kind Umarmungen und Fürsorge mehr braucht als das neueste Spielzeug. Oft wird auch versucht, Zeitmangel durch Geschenke zu kompensieren.

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Mangel kompensieren

Distanzlosigkeit bei Kindern kommt dann zustande, wenn das Bedürfnis nach emotionaler Bindung auf normalem Weg nicht erfüllt wird und auf andere Weise versucht wird, diesen Mangel zu kompensieren. Ein Kind muss ausreichend Sicherheit und Bestätigung erfahren, um sich wirklich als Teil einer Familie fühlen und geborgen wachsen zu können.

Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter hinein

Distanzlosigkeit bei einem Kind kann ein Symptom einer ernsthaften Bindungs- oder Persönlichkeitsstörung sein. Die Erfahrung der emotionalen Vernachlässigung ist in der Lage, einen Teufelskreis an Problemen auszulösen, die nicht nur drastische Folgen in der Kindheit, sondern auch im Erwachsenenleben haben können. So treten Schwierigkeiten in der Schule nicht nur bei den Leistungen, sondern auch in der sozialen Interaktion mit anderen Kindern auf. Emotionale Ignoranz führt zu einem verminderten Selbstwertgefühl, das sich im Erwachsenenalter in Depressionen und Essstörungen äußern kann.

Kinder, die emotional vernachlässigt wurden, tendieren dazu, dieses Verhalten später in ihrer eigenen Familie an den Tag zu legen. Bindungsstörungen kommen auch zustande, wenn ständig die Bezugspersonen wechseln, oder eine schwere Erkrankung eines Elternteils dazu führt, dass ein Kind nicht angemessen versorgt wird. Unter Heimkindern tritt Distanzlosigkeit häufig auf. Unter Umständen kann Distanzlosigkeit bei einem Kind ein Anzeichen für eine Aufmerksamkeits-Defizit-Störung (ADS) sein.

Abklärung durch Therapeuten notwendig

Ist die Distanzlosigkeit bei einem Kind nicht nur eine Phase, sollte unbedingt eine Beratungsstelle oder ein Therapeut zwecks weiterer Abklärung aufgesucht werden. Denn Bindungsstörungen gelten als der Vorläufer von Persönlichkeitsstörungen wie Borderline, Narzissmus, dissoziativen Störungen und sogar multipler Persönlichkeit. Wenn die Symptomatik schon vor dem fünften Lebensjahr entstanden ist, kann sie bis ins Teenageralter diagnostiziert werden. Je früher eine solche Störung erkannt wird, desto besser therapeutische Maßnahmen gibt es. Bevor Maßnahmen eingeleitet werden, empfiehlt sich auch eine Rücksprache mit den Erzieherinnen im Kindergarten und dem Kinderarzt.

Titelbild: ©istock.com – tatyana_tomsickova

Über den Autor

Michaela Lieber

Seit Maximilian am 12. März 2010 das Licht der Welt erblickte, hat sich in meinem Leben viel verändert. Diese Erfahrungen teile ich gern. Als Redakteurin in meiner täglichen Arbeit, wie im privaten Umfeld.

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