Spätestens mit dem ersten Kind stehen viele Eltern vor einer schweren Entscheidung: Kind oder Karriere? Beides miteinander zu vereinbaren, ist in der Regel eine große Herausforderung. In den vergangenen Jahrzehnten sollten zahlreiche Gesetze dafür sorgen, dass dieser Widerspruch zunehmend aufgelöst wird. Hat sich die Situation seitdem spürbar verbessert?
Der Staat schafft den rechtlichen Rahmen
Die traditionelle Großfamilie ist heute eine seltene Ausnahme. Die Regel sind hingegen berufstätige Mütter und Alleinerziehende. Auf diese Entwicklung reagiert der Staat bereits seit vielen Jahrzehnten und hat neue Möglichkeiten geschaffen, die den Widerspruch zwischen Kind oder Karriere auflösen sollen. Dazu gehört:
- eine verbesserte und ausgebaute Kinderbetreuung
- Elternzeit
- Erziehungsurlaub
- Mutterschutz
- Elterngeld
Doch das Problem bleibt bestehen. Gerade Arbeitnehmer, die viel Zeit in ihre Aus- und Weiterbildung investiert haben, können nur selten in Teilzeit arbeiten. Für den Arbeitgeber stehen eine permanente Verfügbarkeit und eine hohe Produktivität im Vordergrund. Dazu kommen weitere Faktoren wie etwa Schicht- oder Bereitschaftsdienste, die durch die herkömmliche Kinderbetreuung nicht abgedeckt werden können.
Familie und Beruf sind getrennte Herausforderungen
Die öffentliche Debatte über die Vereinbarkeit von Kinder oder Karriere wird schon lange geführt. In ihrem Zuge geben sich viele Unternehmen in ihren öffentlichen Präsentationen familienfreundlich. Leider handelt es sich bei vielen jedoch um Lippenbekenntnisse, die intern nicht durchgesetzt werden.
Noch immer investieren die meisten Betriebe unabhängig von ihrer Größe prozentual weniger in die Fortbildung von Frauen als von Männern. Dahinter steckt der Gedanke, dass diese wegen Schwangerschaft und Elternzeit für eine längere Zeit ausfallen. Ein weiteres Problem ist, dass der Aufstieg mitunter eine Entscheidung zwischen Kind oder Karriere erfordert.
Eine verantwortungsvolle Führungsposition ist nur in seltenen Ausnahmefällen mit Teilzeit oder mit längerer Abwesenheit zu vereinbaren. Dadurch stehen die Betroffenen unter einem hohen Druck – sie sind emotional an ihre Familie gebunden, können ihr aber nicht die gewünschte Aufmerksamkeit und Zeit zukommen lassen.
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Das Problem betrifft alle Berufsgruppen
Wegen des beruflichen Risikos entscheiden sich insbesondere Akademiker immer öfter dafür, erst in höherem Alter Kinder zu bekommen. Für sie steht die berufliche Konsolidierung ihrer Position im Vordergrund. Dabei kommen sie nicht selten in einen Teufelskreis, denn mit steigender Verantwortung erhöht sich auch die Arbeitsbelastung.
Doch die Problematik von Kind oder Karriere betrifft jeden Arbeitnehmer. Im Niedriglohnsektor werden Angestellte deutlich schneller gekündigt, falls sie etwa wegen Krankheit eines Kindes oder wichtiger Termine bei der Arbeit fehlen.
Ein Aufstieg in höhere Positionen ist unter diesen Umständen gar nicht erst möglich. Dieses verringert nicht nur das Einkommen – es schränkt auch die Flexibilität bei der Zeitgestaltung ein. In leitenden Positionen lassen sich langfristige Termine hingegen besser koordinieren, während kurzfristige Ausfälle oft sehr problematisch sind.
Die Vereinbarkeit verbessert sich nur langsam
Es ist noch immer sehr schwer, Beruf und Familie miteinander in Einklang zu bringen. Viele Arbeitnehmer stehen nach wie vor zwischen der Wahl von Kind oder Karriere. Im Vergleich zu früheren Zeiten haben sich die Bedingungen allerdings bereits verbessert.
Dazu tragen auch neue Möglichkeiten wie Home Office und betriebliche Maßnahmen wie gleitende Arbeitszeiten bei. Dazu erkennen immer mehr Unternehmen das Potential, das familienfreundliche Strukturen ihrem Betrieb eröffnet. Dennoch bleibt die Vereinbarkeit zwischen den beiden Welten weiterhin eine Ausnahme.
Titelbild: ©istock – g-stockstudio
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