Bin ich ein Mädchen oder Junge? – Geschlechtsidentitäten bei Kindern

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Baby Zwillinge Junge und Mädchen
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„Papa, wenn ich groß bin, werde ich ein Junge!“ Was viele Eltern zunächst aufhorchen lässt, ist für ein Kind im Kindergarten eine ganz normale Äußerung. Zwar ist das Geschlecht eines Menschen schon vor der Geburt genetisch definiert, aber die Geschlechtsidentität wird oft ein Leben lang definiert und hinterfragt. Und schon kleine Kinder machen sich Gedanken um ihre Rolle als Mädchen oder Junge und gehen die Sache dabei viel unverkrampfter an, als die meisten Erwachsenen. Doch ab wann sind Kinder überhaupt in der Lage, sich als Junge oder Mädchen einzuordnen?

Was ist die Geschlechtsidentität?

Unter der Geschlechtsidentität versteht man die subjektive Einschätzung der eigenen Person und der eigenen Geschlechtsidentität im Vergleich mit der Wahrnehmung durch andere. Vor dem Hintergrund dieses Spannungsfeldes wird schnell klar, dass Geschlechtsidentität kein starres Konzept ist, das einmal festgelegt und danach nie mehr verändert wird. Vielmehr unterliegt die Geschlechtsidentität einem stetigen Wandel, mitunter sogar bis ins Erwachsenenalter hinein. Am offensichtlichsten offenbart sich dieses Spannungsfeld während der Pubertät, aber schon sehr kleine Kinder beschäftigen sich mit der Frage: „Bin ich ein Mädchen oder Junge?“ Und schon kleine Kinder beschäftigen sich, wenn auch eher unbewusst mit verschiedenen Aspekten der Geschlechtsidentität:

  • biologische Aspekte
  • soziokulturelle Aspekte
  • psychologische Aspekte

Alles eine Sache der Gene – biologische Aspekte der Geschlechtsidentität

Eine Antwort auf die Frage „Bin ich ein Mädchen oder Junge?“ liefert die genetische Ausstattung eines jeden Menschen. Bereits im Augenblick der Zeugung wird festgelegt, ob das neugeborene Baby ein Junge oder Mädchen wird. Eine Ausstattung mit zwei X-Chromosomen führt unweigerlich zu einem biologisch weiblichen Kind, ein XY-Chromosomensatz unweigerlich zu einem Jungen. Übrigens handelt es sich bei dieser scheinbar einfachen Regel nur um den sogenannten Normalfall, denn auch in der geschlechtschromosomalen Vererbeung kann es zu sogenannten Trisomien kommen, was zu genetischen Ausstattungen wie XXX oder XXY führt.

Das biologische Geschlecht ist nicht veränderbar, aber Aussagen wie „An dir ist ein echter Kerl verloren gegangen!“ machen schnell klar, dass die Frage „Bin ich ein Mädchen oder Junge?“ nicht nur aus rein biologischer Sicht zu beantworten ist. Neben psychologischen Aspekten, die mitunter in krassem Gegensatz zum biologischen Geschlecht stehen können, haben soziokulturelle Einflüsse einen maßgeblichen Einfluss auf eine gelungene Geschlechtsidentität.

Soziokulturelle Aspekte der Geschlechtsidentität

Du kannst doch keine rosa Schuhe tragen, mein Sohn!

Kinder lernen in ihren ersten Lebensjahren vor allem durch Nachahmung elterlicher Verhaltensweisen. Diese Eindrücke werden recht schnell durch die Außenwelt ergänzt, sobald Kinder zum ersten Mal mit der Welt außerhalb der Familie in Kontakt kommen. Neben den erlernten Elternrollen werden Kinder hier zum ersten Mal mit möglicherweise anderen Männer- und Frauenrollen und auch deren Bewertung konfrontiert. Aufgeschnappte Sätze wie „So benimmt man sich doch als feines Mädchen nicht.“ oder „Ein echter Kerl heult doch nicht.“ hinterlassen bei Kindern großen Eindruck und konterkarieren mitunter erlebte Geschlechterrollen aus dem eigenen Zuhause, in dem vielleicht der Vater verstärkt Aufgaben übernimmt, die klassischerweise eher Müttern zugeschrieben wird.

Was macht Kinder zu Mädchen oder Jungen?

„Bin ich ein Mädchen oder Junge?“ diese Frage ist komplexer als sie scheint und wird im Laufe des Lebens immer wieder gestellt werden. Neben unveränderlichen biologischen Komponenten sind vor allem soziokulturelle Aspekte für die Findung der eigenen Geschlechtsidentität prägend. Zusammen mit der psychologischen Wahrnehmung des eigenen Geschlechts tut sich hier ein Spannungsfeld auf, in dem Kinder schon sehr früh der Frage nachgehen „Bin ich ein Mädchen oder Junge?“ und innerhalb dieses Spannungsfeldes ist es völlig normal, wenn eine kleine Prinzessin plötzlich sagt „Papa, wenn ich groß bin, werde ich ein Junge!“ Den Weg zur eigenen Geschlechtsidentität müssen Kinder allein beschreiten, aber sie gehen ihn sicherer, wenn sie sich von ihren Eltern in ihrer Individualität akzeptiert fühlen.

Titelbild: © istock – katrinaelena

Über den Autor

Michaela Lieber

Seit Maximilian am 12. März 2010 das Licht der Welt erblickte, hat sich in meinem Leben viel verändert. Diese Erfahrungen teile ich gern. Als Redakteurin in meiner täglichen Arbeit, wie im privaten Umfeld.

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