Betreuungsplätze für Kinder mit Behinderung: Besteht ein Rechtsanspruch?

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Der Rechtsanspruch für einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr ist seit einiger Zeit in Deutschland manifest. Aber noch immer sind nicht alle Einzelheiten klar: Gilt dieser Anspruch auch für Kinder mit Behinderung? Und wenn ja – gibt es, abhängig von der Art der Behinderung, Einschränkungen?

Generell besteht ein Rechtsanspruch

Ganz generell und allgemein gilt der Rechtsanspruch für alle Kinder. Kinder mit Behinderung sind davon keineswegs ausgenommen, ganz unabhängig davon, was einzelne Kindertageseinrichtungen zu diesem Thema sagen mögen. Allerdings muss man auch immer im Auge behalten, dass „Recht haben“ und „Recht bekommen“ nicht das Gleiche ist.

Es ist also durchaus nicht verwunderlich, dass Kinder mit Behinderungen erst einmal de facto benachteiligt werden und die Eltern von vielen Tageseinrichtungen einen ablehnenden Bescheid mit der ein oder anderen Begründung bekommen. Das hat nichts mit dem Rechtsanspruch zu tun, sondern eher damit, dass man mit den ohnehin knappen vorhandenen Ressourcen hinsichtlich Betreuungsplätzen und -personal haushalten muss. Eine integrative Einrichtung muss immerhin auch in Sachen Sicherheit, Erste Hilfe und Entwicklungsförderung ganz andere Leistungen bringen als eine „normale“ Einrichtung.

Video: Kinder mit Behinderung (REGIO TV Schwaben)

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Spezielle Einrichtungen für spezielle Kinder

In der Theorie klingt es ganz einfach: Inklusion meint das gemeinsame Spielen und Lernen aller Kinder. Damit ist der Gesetzeslage Genüge getan, kein Mensch darf aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden. Praktisch ist das allerdings nicht ganz so einfach umzusetzen, denn Menschen mit Behinderungen haben oft besondere Bedürfnisse. Das fängt bei der Türenbreite in der Kindertageseinrichtung an, hört bei Stufen im Spielbereich und den sanitären Anlagen noch lange nicht auf.

Besondere Kinder benötigen besondere Förderung, und das setzt das entsprechend ausgebildete Personal voraus. Wenn eine Kindertageseinrichtung also die Aufnahme eines besonderen Kindes ablehnt, kann es schlicht sein, dass kein entsprechend ausgebildetes Personal vorhanden ist. Integrationskindertagesstätten und heilpädagogische Einrichtungen sind also im Zweifelsfall die richtige Anlaufstelle. Hier kann man sich sicher sein, dass auch besondere Kinder in ihrer Entwicklung optimal gefördert werden und das Betreuungspersonal auf ihre Bedürfnisse eingehen kann.

Tagesmütter sind eine Alternative

Selbstverständlich gilt der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz nicht nur für öffentliche Einrichtungen, sondern auch im Bereich der Tagesmütter und -väter. Abhängig von der Art und Schwere der Behinderung eines Kindes kann die Pflegekasse sogar die Tagespflege bezuschussen. Die Tagesmütter und -väter werden allerdings nicht von der Pflegekasse selbst, sondern von der vermittelnden Stelle (meist das Jugendamt oder ein freier Träger) bezahlt, sofern sie nicht ganz und gar selbständig sind.

Mädchen Ratgeber
Ob Tagesmutter oder -vater die entsprechende Ausbildung hat, auch auf ein Kind mit besonderen Bedürfnissen optimal eingehen zu können, ob die Kapazitäten dazu vorhanden sind, und ob dann auch noch „die Chemie stimmt“, muss allerdings im Einzelfall herausgefunden werden. Hier gilt, was für die Betreuung durch Tagesmütter und -väter immer gilt: Bei einem ersten Kennenlernen sollte man sehen, ob es passt. Und zwar für alle, inklusive Kind.

Theorie und Praxis klaffen auseinander

Mit der gesetzlichen Berechtigung auf einen adäquaten Betreuungsplatz für alle Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahres wurde eine sehr lobenswerte theoretische Basis geschaffen. Jetzt ist es Sache der Träger der Betreuungseinrichtungen, die praktischen Möglichkeiten dazu zu schaffen. Dass das nicht einfach so innerhalb von ein paar Monaten funktioniert, ist wohl klar. Für die Eltern beeinträchtigter Kinder bedeutet das, dass sie vorerst noch viel Kraft und Zeit für die Suche einer geeigneten (und willigen) Betreuungseinrichtung oder -person aufwenden müssen. Aber das lohnt sich: Wo Bedarf erkennbar ist, werden in der Regel neue Möglichkeiten geschaffen.

Titelbild: © istock.com – DenKuvaiev

Über den Autor

Michaela Lieber

Seit Maximilian am 12. März 2010 das Licht der Welt erblickte, hat sich in meinem Leben viel verändert. Diese Erfahrungen teile ich gern. Als Redakteurin in meiner täglichen Arbeit, wie im privaten Umfeld.

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