Schlechte Musik für Kinder? Wenn Jugendliche Hip Hop & Co. hören

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Bei dem Getöse, das Kinder und Jugendliche durch ihre Smartphones jagen, steht manchen Eltern das vielleicht noch gar nicht schüttere Haar zu Bergen. Klassische Musik kommt bei der Jugend erfahrungsgemäß nicht gut an, und schlichter Pop ist auch selten angesagt. Es muss grundsätzlich härter, lauter, derber sein. Hip Hop und Rap stehen nun aber im Ruf, die Jugendlichen negativ zu beeinflussen.

Vielleicht macht die Sprache den Unterschied

Die Texte der Rapper verherrlichen Gewalt, die meist noch recht jungen Leute singen von Mord und Totschlag, von dem, was sie Mädchen, Opfern und Feinden antun würde. Dass hört sich in den Ohren von Eltern gar nicht gut an, alle Bemühungen in Sachen frühkindliche Musikerziehung scheinen obsolet geworden zu sein. Aber neu ist das Phänomen nicht, englischsprachige Songtexte waren schon in den 1980er Jahren alles andere als harmlos.

Vielleicht liegt es daran, dass die Idole der Jugendlichen heute nicht aus New York, Los Angeles oder Detroit kommen, nicht in London, San Francisco oder Alabama leben. Sie kommen aus Pirmasens, Berlin Marzahn oder Dresden und rappen auf Deutsch. Die Texte stehen allerdings in Sachen Anspruch und Tiefgang denen der US-amerikanischen Kollegen und Kolleginnen in nichts nach. Konnte man sich selbst bei guten Englischkenntnissen früher noch von den Künstlern und Künstlerinnen distanzieren, ist das bei Kriegsgesängen in der eigenen Muttersprache schon schwieriger.

Gewaltbereite Fans und Morddrohungen: Gab es früher auch schon

Gewaltverherrlichende Videos werden von den Musiksendern abgelehnt, Plattenfirmen schließen keine Verträge mit bestimmten Künstlern und Künstlerinnen ab. Viele deutsche Rapper sind bei Aggro Berlin unter Vertrag, einem Label, das extrem viele indizierte Songs im Angebot hat, aber auch das größte Label für deutschen Hip Hop ist.

In den Medien wird immer wieder davon berichtet, dass es unter gewaltbereiten Fans der aggressiven Musik zu Ausschreitungen kam, dass die Künstler oder Künstlerinnen belästigt, verfolgt oder gar angegriffen wurden. Einige geben gar keine Live-Konzerte mehr, weil der Aufwand für Security einfach zu groß wäre. Aber das war früher auch nicht anders.

Mädchen Ratgeber

Rollings Stones ’65

1965 gab es bei einem Konzert der Rolling Stones 87 Verletzte, davon ein guter Teil Polizisten, weil die Fans eine Absperrung durchbrachen und eine Schlägerei anfingen. Mit Rap hatte das noch nicht viel zu tun, auf der Waldbühne in Berlin rockte es damals „I can get no satisfaction“ …

Musik ist Kunst, aber wo ist die Verantwortung?

Fragt man Soziologen, Psychologen und Pädagogen, also die Leute, die es eigentlich wissen müssten, erntet man Schulterzucken. Kann Musik Jugendliche verrohen lassen, gewaltbereit machen?

  • Die einen verneinen das und sehen die Musik als eine Kunstform an, als ein Ventil, über das Aggressionen abgebaut werden, bevor sie sich tatsächlich Bahn brechen können.
  • Andere verweisen darauf, dass die junge Menschen grundsätzlich unterschätzt werden und eigentlich immer sehr gut zwischen der Musik als Kunstform und der Realität unterscheiden.
  • Aber da gibt es auch diejenigen, die es vorsichtiger ausdrücken: Wem die Gewaltbereitschaft in die Gene gelegt ist, wer ohnehin zu aggressivem Verhalten neigt oder in einer Grenzsituation ist, der wird durch die gewaltverherrlichenden Texte aufgestachelt und angetrieben.
  • Und dann sind da noch diejenigen, die sich sicher sind: Die Jugend von heute ist verroht und gewaltbereit, was sich in der gewaltverherrlichenden Musik ausdrückt.

Die Wahrheit wird wohl irgendwo dazwischen liegen

Es gibt keine verlässlichen Studien dazu, ob gewaltverherrlichende Musik die Gewaltbereitschaft von Menschen heraufsetzt oder tatsächlich als Ventil funktioniert. Während Rap noch vor einigen Jahren die Musik der Unterschicht war, in den Hauptschulen und den Ghettos gehört wurde, ist Hip Hop heute in allen Bevölkerungsschichten angekommen und wird von den zehnjährigen Schülern genauso gehört wie von den 40jährigen Managern.

 

Titelbild: ©istock.com – innovatedcaptures

Über den Autor

Michaela Lieber

Seit Maximilian am 12. März 2010 das Licht der Welt erblickte, hat sich in meinem Leben viel verändert. Diese Erfahrungen teile ich gern. Als Redakteurin in meiner täglichen Arbeit, wie im privaten Umfeld.

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